Atemberaubende Sternenreise
"Zu den Sternen" im "Anderen Sommer" zog das Publikum in den Bann
Das Ensemble der Bad Hersfelder Festspiele bei "Zu den
Sternen" Foto: Göbel
Bad Hersfeld.
„Zu den Sternen“ ging die Reise unter dem
gleichnamigen Titel am Wochenende zweimal in der Stiftsruine. Die Menschheit ist
seit jeher von Firmament und den leuchten den Sternen im All fasziniert. Seit
jeher haben Sterne das Leben der Menschen beeinflusst.
In Literatur und Fil
m hat die Science-Fiction Einzug
gehalten. Einer der ersten Vertreter dieses Genres war Jules Verne, der mit
seinen Romanen Millionen Menschen begeisterte. Die Sehnsucht danach, andere
Welten zu entdecken, ist uns Menschen immanent.
Festspiel-Intendant Joern Hinkel hat
gemeinsam mit Stefan Behr vom „Theater Anu“ ein Programm ausgearbeitet, das vom
Ensemble der „Bad Hersfelder Festspiele“ sowie der Theremin-Spielerin Carolina
Eyck gestaltet wurde. Stargast der Veranstaltung war der deutsche Astronaut
Thomas Reiter, der 360 Tage im Weltall verbrachte.
„„Bei der Mondlandung war ich elf
Jahre alt“, sagte Reiter im Bühnen-Interview mit Hinkel. Der studierte Luft- und
Raumfahrttechniker war 1989 einer von 22.000 Menschen, die sich für das
Weltraumprogramm der „ESA“ beworben hatten. In monatelangen Auswahlverfahren
blieb am Ende eine Crew von sechs Astronauten übrig, die den Weg ins All
antreten durften. Reiter erzählte mit fast kindlicher Begeisterung von seinen
Aufenthalten außerhalb der Erde und riss die interessiert lauschenden rund 250
Zuhörer in der Stiftsruine mit.
Weil er als einer der wenigen
Menschen die Erde aus mehreren hundert Kilometern Entfernung gesehen hat, sprang
der Funke der Weltraum-Begeisterung im Gespräch mit dem Festspielintendanten auf
das Publikum über. Reiter sah die Weltraum-Forschung als notwendig an.
„Telekommunikation und vieles mehr sind ohne Satelliten im Weltraum heute gar
nicht mehr möglich“, so Reiter.
Die Weltraum-Forschung sei wichtig,
auch wenn es nicht darum gehen dürfe, „Planet B“ zu finden. „Wir sollten alles
dafür tun, unseren Planeten zu erhalten. Das Ziel darf nicht sein, einen neuen
Planeten zu finden und die Erde kaputt zurückzulassen“, sagte Reiter, der heute
in Darmstadt arbeitet und in Oldenburg lebt.
Live-Hörspiel
Als Live-Hörspiel hatte Hinkel
mehrere Romane Vernes zu einem Erlebnis der besonderen Art verknüpft. Dabei gab
es ein Wiedersehen mit den Festspiel-Schauspielern Günter Alt (Erzähler), André
Hennicke (Boutardin), Carsten Hentrich (Leclerc), Dirk Hoener (Piccard), Peter
Englert (Ardan), Ute Reiber (Lucy) und dem Bad Hersfelder Nachwuchstalent Nico
Otto (Michél).
Bestens artikuliert und lebendig
gestaltete das Ensemble die Geschichte des Pariser Bankiers, der per
Kanonen-Rakete auf den Mond reisen möchte, um Mond-Grundstücke auf der Erde zu
verkaufen. Doch die Aktion scheitert, und sein Neffe Michél, der sich inzwischen
in die Bibliothekarin Lucy verliebt hat, geht mit dem Wissenschaftler Piccard im
Fesselballon auf Rettungsmission ins All.
Zu den Stimmen der Schauspieler
wurden Projektionen mit bewegten Bildern und Live-Effekten des „Theater Anu“ an
das Zeltdach der Stiftsruine geworfen. Diese Technik war nur durch eine komplett
andere Aufstellung der Bühne möglich. Diese stand längs im Mittelschiff, das
Publikum saß zu beiden Seiten.
Auf der Frontbühne ließ Carolina
Eyck, eine der weltbesten Theremin-Spielerinnen, Töne erklingen, die sehr
futuristisch den Inhalt der Geschichte untermalten. Das Theremin wird als
einzige Instrument berührungslos gespielt. Schwingungen zwischen zwei Antennen
erzeugen die Töne, die die Musikerin alleine durch Körperbewegungen steuerte.
Dazu sang sie selbst und ihre vielfach verstärkte Stimme bereicherte die Klänge
des Vorläufers des modernen Synthesizers.
Mit „Zu den Sternen“ in der Regie
Joern Hinkels wurde das Publikum auf eine großartige Reise in ferne Welten
mitgenommen, erfuhr aus erster Hand Wissenswertes über das Weltall und erlebte
einen Abend, der trotz ausgefallener Festspiele das Image seiner Macher nicht
schmälerte, sondern im Gegenteil sogar stärkte. Dass eine solche beeindruckende
Produktion in der Kürze der Zeit realisiert werden konnte, ist aller Ehren wert.
Es gab lang anhaltenden Applaus für
alle Mitwirkenden, die die Stiftsruine einen Abend lang selbst in ein Raumschiff
auf dem Weg in ferne Welten verwandelt hatte.